
Ist Euch auch schon aufgefallen, dass jeder um euch herum anfängt zu heiraten oder Kinder zu kriegen? Besonders Ersteres verfolgt mich so penetrant wie Ed Sheeran mit seinem neuen Album im Radio.
Seit letztem Sommer bin ich im Dauerstress in Sachen Hochzeiten. 2016 war ich Gast an insgesamt 4 Hochzeiten, wenn man die standesamtlichen Trauungen mitzählt. Davon war ich 1 ½ Mal Trauzeuge – einmal komplett, mit Unterschrift im grossen heiligen Buch in der Kirche, beim zweiten Mal wurde ich zum Organisationschef ernannt, der alles Koordinieren sollte und daher, aus irgendeinem Grund, als Trauzeuge galt. Eine wichtige Aufgabe und zugleich grosse Verantwortung, die man für die Braut bereitwillig trägt. In Sachen Stress jedoch ein Selbstmordakt der besonderen Art. Wobei das eigentliche Problem bereits beim Erhalt der Einladung entsteht. Was ziehe ich an?
Liebe Frauen, nicht nur Ihr habt dieses Problem. Es gibt die einfach gestrickten Männer, die sich mit einem schwarzen Anzug, einem weissen Hemd und einer, zur Begleitung farblich passenden Krawatte, zufriedengeben. Dann gibt es solche Fälle wie ich, der sich gefüllte 20 Millionen Mal überlegt, was er am besten anzieht, damit er gut aussieht und aus der Menge sticht, aber weder Braut noch Bräutigam die Show stiehlt.
Dies sind essenzielle Probleme, die zu lösen sind, das kann ich Euch sagen.
2017 scheint für mich nicht besser zu werden als sein Vorgänger. Oh Freude, wieder vier Hochzeiten und wieder nichts anzuziehen. Dieses Mal jedoch wird besonders eine Hochzeit eine Herausforderung. Meine Mamma heiratet und ich bin der Brautführer!
Eine Aufgabe, die ich mit Stolz trage und gleichauf aus tiefstem Herzen verfluche. Wieso? In Sachen Outfit muss alles perfekt sein! Schliesslich führe ich nicht nur meine Mamma an den Altar, es ist gleichwohl eine Trophäenpräsentation für meine Mamma. Vermutlich behauptet das jedes Kind, aber ich bin Mamma’s Liebling und folglich auch ihr ganzer Stolz. Genau dieser Stolz führt sie zu ihrem neuen Gemahl und muss daher präsentabel aussehen. Warum sehe ich gewisse Parallelen zu Germanys Next Top Model? Soll ich auch anfangen Watte zu essen, damit ich am Hochzeitstag rank und schlank bin?
Egal kommen wir zurück zum eigentlichen Problem: mein Outfit!
Vergangenen Samstag bin ich mit zwei Freundinnen im grossen Einkaufszentrum Shoppi-Tivoli in Spreitenbach AG shoppen gegangen.
Meine Hoffnung: Styling-Beratung im Doppelpack! Doch bevor dieser Shoppingtrip losgehen konnte, musste ich erstmals versuchen, einen Trip nach New York zu gewinnen. Im Center fand am gleichen Tag das erste Rolltreppen-Rennen statt. Im Wettkampf rannte man zu zweit eine rückwärts fahrende, Rolltreppe hoch. Dabei war es nicht wichtig schneller als der Gegner, sondern generell der Schnellste von allen Teilnehmern zu sein. Dem Schnellsten des Tages winkte ein Trip für zwei Personen nach New York.
Um alles etwas spannender zu gestalten, wurden auch „Promis“ eingeladen – was auch immer man unter Promis versteht (in der Bibel würde man sie vermutlich gefallene Hofnarren nennen).
Ex-Miss und Neulesbe Dominique Rinderknecht, Profi-Schwinger Remo Käser Ex-Bachelor Rafael Beutel, Ex-Bachelorette Frida Hodel und – last but not least – meine Konkurrentin mit der Schaumstoff Perrücke, Draq Queen Gossipa.
Für das Protokoll, Gossipa ist die Einzige – neben des Schwingerjungen – die durch eigene Leistung zum Promi wurde und sich einen Namen machte.
Das Ergebnis: Ein starker Sieg gegen Gossipa Schwammkopf aber eine schlechte Wettstreitzeit mit 9,4 Sekunden (Sieger wurde irgend so ein Typ mit 7,69 Sekunden. Ich hoffe, sein Flug wird turbulent. Trotzdem Gratulation!).
Nachdem das Rennen zu Ende war, ich meinen Gratis-Smoothie und meine Goodiebag bekommen hatte, – wieso suchen sich Italiener eigentlich immer Gratissachen zum Einstecken? – ging es ans Shoppen.
Bereits im Vorfeld hatte ich in der Züricher Innenstadt die Läden abgeklappert und nichts gefunden. Heute hiess es, Ideen sammeln.
Wir liefen also in den Markenladen Van Graaf rein, den es nur im Shoppi-Tivoli gibt. Ich begrüsse eine Ex-Arbeitskollegin von mir, die bereits letztes Jahr sehr geduldig mit mir und meiner Kleiderwünsche war. Wir plaudern und ich erzähle ihr von der Hochzeit meiner Mamma und was ich mir vorstelle. „Wir haben da was im Ausverkauf. Komm ich zeig’s dir“. Ach, wie sehr ich doch den Ausverkauf liebe. Kleider zu spotbilligen Preisen und meistens mit Einzelstücken belegt, die man nirgends mehr findet und das Beste, ich kann gelegentlich Leute blöd anpöbeln.
Sie greift in die Kleidermenge rein und zieht einen dunkelblauen Hugo Boss Anzug raus der durch die feinen roten Muster im Licht rötlich schimmerte. Das Beste daran, das Einzelstück war in meiner Grösse.
Ich ziehe ihn an und ich find mich super darin. Ich mache ein Foto und schicke es meiner Mamma. Ihre Reaktion: „Er ist schön, aber…“, da wusste ich, dass ich mich weiter umsehen musste, „…du passt dann farblich gar nicht zu mir“. Farblich zu ihr passen? Bin ich etwa der Bräutigam?
Ich gebe das der Verkäuferin weiter. Wir schauen uns weiter um. Diesmal auf der Suche nach etwas Blauem, was mir nicht wirklich gefällt. Wieder greift sie in eine Kleiderstange und zieht einen dunkelblauen Smoking mit schwarzem Reverskragen heraus. Erst bin ich wegen der Farbe skeptisch, lasse mich aber überreden, ihn anzuprobieren. „Hier noch ein weisses Smokinghemd und eine Fliege“, ertönt es ausserhalb der Umkleidekabine. Ich ziehe das komplette Outfit an und schon war es um mich geschehen.
„Nennt mich Bond, Salvi Bond“, sage ich zu meinen Freundinnen, die mich anstrahlen und am liebsten Tausende von „Gefällt mir“- Klicks gegeben hätten, wenn wir auf Facebook gewesen wären.
Klick! Und auch das obligatorische Foto für Mamma ist gemacht und verschickt. Ihr Kommentar: „(Tausende von unverständlichen Emojis) Yessssss (weitere unverständliche Emoji)!“.
Jeder vernünftige Mensch würde jetzt sagen: „Yeah! Problem gelöst, ich hab mein Outfit“. Nicht in meiner Welt. Bei italienischen Hochzeiten spielt das Geld oft eine grosse Rolle, und da ich Ende April nach Italien reise, kommt mir der Gedanke, vielleicht finde ich etwas Besseres und Billigeres in Italien. Mein Konto würde es mir vermutlich danken, denn aktuell singt es mir ständig den gleichen Song von Whitney Houston vor: „I have nothing, nothing, NOTHING!“, aber das ist ein anderes Thema.
Fazit meines Shopping-Trips: Ich bin zu langsam für rückwärts fahrende Rolltreppen, zu schnell für Schaumstoff Draq Queens und scheisse wählerisch in Sachen Klamotten.
Ich sehe es kommen, das werden superlustige Hochzeiten.